Leitmedientransformation – oder: das geht nicht wieder weg

„Das geht wieder weg“ ist eine – meist nicht ausgesprochene – Haltung die im Zusammenhang mit dem Digitalen in der Schule immer wieder vertreten wird. Das Ganze müsse man also nur aussitzen. Die Zeichen deuten aber darauf hin, das sich das Erscheinungsbild der digitalen Medien zwar laufend wandeln wird, eine Rückkehr des Leitmediums Buch wird aber nicht stattfinden, wir erfahren gerade eine Leitmedientransformation, die unumkehrbar sein wird.

leitmedien halle Wikimedia Commons/Sailko/CC BY SA 3.0

Wenn man sich der Bedeutung dieses Übergangs bewusst ist, dann eröffnen sich auch ganz andere Perspektiven zur Diskussion zwischen digitaler Lüge und Bildungstsunami.

Leitmedium? Einem Leitmedium kommt eine Hauptfunktion in der gesellschaftlichen Kommunikation zu (Genaueres: hier, die Merkmale von Leitmedien bei Erdmann/Rückriem). Die Festlegung, was als Leitmedium in der jeweiligen Epoche angesehen werden kann,  variiert von Autor/in zu Autor/in. Die typographische Kultur steht zur Zeit vor der Ablöse, eine Kultur die sich ab dem 16. Jahrhundert etabliert und bis heute Bestand hat. Wenn man die tiefgreifende Bedeutung des Buches für unsere Kultur im Allgemeinen und die Schulbildung im Besonderen bedenkt, erkennt man auch, welche Tragweite die mit einer Leitmedientransformation einhergehenden Umbrüche in der gesellschaftlichen Kommunikation haben und haben werden.

Warum Transformation und nicht Wechsel? J.W. Erdmann (hier) spricht von Leitmedientransformation, viele andere von Leitmedienwechsel. Ich persönlich bevorzuge ‑transformation aus folgendem Grund: die Ansicht, dass der 1:1 Wechsel von einem analogen Medium zu einem digitalen Medium das Ziel der Bemühungen, das Digitale in die Schule zu bringen, sein soll,  ist zu kurz gegriffen. Mit der Verwendung des Begriffes Leitmedienwechsel könnte man versucht sein, diese Abkürzung zu nehmen. Transformation bedeutet die Änderung von allem und von Grund auf, ein neues Emergenzniveau bildet sich heraus, diese Veränderung wirkt sich auch auf gekoppelte Systeme aus. (genauer: J.W. Erdmann).

Damit sind aber auch zwei mediendidaktische quasi-common-sense Aussagen zu hinterfragen.

1) „Es kommt auf den Mehrwert an.“ Womit implizit gemeint ist, dass digitale Medien dann eingesetzt werden sollten, wenn ein Mehrwert durch den Austausch erkennbar sei. Digitale Medien sind aber eben nicht nur ein Ersatz, sondern mit ihnen kann man Anderes, bisher Unmögliches umsetzen. Sie erfordern somit auch ein Überdenken der Didaktik. Dazu passend der zweite Standardsatz:

2) „Zuerst die Didaktik, dann die Technik.“ Das Digitale ermöglicht aber auch völlig andere didaktische Zugänge, die bisher nicht denkbar waren. Postuliert man konsequent das Primat der Didaktik, hebt man nicht das Potenzial des neuen Leitmediums. Das soll aber nicht bedeuten, dass der umgekehrte Satz richtig wäre. Ich denke allerdings nicht, dass viele mit dieser Aussage immer diese strikte Rangfolge meinen, sondern eher im Zweifelsfall der Didaktik den Vorzug geben würden.



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