Standardantwort Nr. 1: Wir sind uns nicht einig, was wir unter digitaler Bildung verstehen.

Standardantwort Nr. 1: Wir sind uns nicht einig, was wir unter digitaler Bildung verstehen.

Daher müssen wir das ausverhandeln oder auf den Begriff verzichten.

Ein Plastikbegriff (siehe: Pörksen – Plastikwort).

Auch wenn man digitale Bildung in seine Bestandteile zerlegt, wird seine Verwendung nicht nachvollziehbarer. So gibt es verschiedene Begriffe von Bildung. Und der Begriff des Digitalen wird gemeinhin verwendet, um das Neuartige an der Sache zu betonen. Dabei wurden die ersten Computer in den 40er Jahren des letzten Jahrhunderts angeworfen, in Banken versehen sie seit den 60er Jahren ihre Dienste. Das Digitale ist nicht neu. Mehr dazu bei Kathrin Passig und Aleks Scholz: Link

Unter digitaler Bildung könnte das Ergebnis eines Lernens mit digitalen Medien verstanden werden. Lehren und Lernen mit digitalen Medien ist allerdings nur ein Fragment. Die Perspektive erweitert sich mit dem Aspekt des Lehrens und Lernens über digitale Medien. Darunter wären Medienbildung und informatische Bildung zu verstehen, eine Auseinandersetzung mit dem Gesamtphänomen der digitalisierten Welt und die umfassende Aneignung von – auch reflexiver – Kompetenz im Umgang mit digitalen Medien und Inhalten. Zusätzlich kann Lehren und Lernen durch digitale Medien betrachtet werden. Schließlich sind digitale Medien aber auch Ablenkung (Lehren und Lernen trotz digitaler Medien – siehe Beat Döbeli Honegger).

Unter dem Blickwinkel der Leitmedientransformation (siehe Standardantwort Nr. 2) sind auch diese unterschiedlichen Aspekte (mit – über – durch – trotz) nicht ausreichend. Anstelle von digitaler Bildung sollten wir eher von Bildung unter den Bedingungen und Kontexten der Digitalität sprechen. Referentialität, Gemeinschaftlichkeit und Algorithmisierung sind in diesem Zusammenhang die formalen Eigenheiten, die alle kulturellen Prozesse unter den Bedingungen der Digitalität kennzeichnen.

Wenn man digitale Bildung in diesem umfassenden Sinne versteht, stellt sich die Frage, was dann noch der Unterschied zwischen digitaler Bildung und Bildung ist. Tatsächlich könnten wir auf das einschränkende digitale verzichten und dazu übergehen wie Dejan Mihajlovic von zeitgemäßer Bildung (hier) zu sprechen. Im Zuge der Arbeit zum Artikel „Bildung im Zeitalter der Digitalisierung“ zum Nationalen Bildungsbericht 2018 haben wir uns ausführlicher mit der Begrifflichkeit auseinandergesetzt. Mehr dazu nach der Veröffentlichung des Artikels.

Ergänzungen: die Diskussion zu diesem beitrag findet vor allem auf Twitter statt. Christopher (hier) hat angemerkt, dass er „zeitgemäß“ für ebenso schwierig wie „digital“ hält. Jan (hier) bevorzugt grenzenlose Bildung.

Artikel: Brandhofer, G., Baumgartner, P., Ebner, M., Köberer, N., Trültzsch-Wijnen, C. & Wiesner, C. (2019). Bildung im Zeitalter der Digitalisierung. In S. Breit, F. Eder, K. Krainer, C. Schreiner, A. Seel & C. Spiel (Hrsg.), Nationaler Bildungsbericht Österreich 2018, Band 2: Fokussierte Analysen und Zukunftsperspektiven für das Bildungswesen (S. 307–362). Graz: Leykam. Verfügbar unter: https://www.bifie.at/nbb2018/

Zur Übersicht: Acht Standadrantworten zur digitalen Bildung



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